EMEK greift regionale TVs und Radios frontal an

Absolution für die SRG, Marginalisierung des regionalen Service Public

Der Vorschlag der Eidgenössischen Medienkommission (EMEK) für die künftige Medienförderung in der Schweiz wird der föderalistischen Struktur unseres Landes nicht gerecht und schiesst komplett am Ziel vorbei. Anstatt den regionalen Service Public für die Zukunft zu sichern, würde einer flächendeckenden regionalen Grundversorgung mit medialen Inhalten die Existenzgrundlage entzogen. Gleichzeitig wird im Modell der EMEK die Rolle der SRG zementiert, obwohl die staatliche Förderung von Unterhaltung und Sportangeboten, die auch von privaten Anbietern erbracht werden können, in einem zukunftsgerichteten Medienmarkt nicht mehr zeitgemäss ist. Der Verband der Schweizer Regionalfernsehen TELESUISSE lehnt das von der EMEK skizzierte Szenario deshalb klar ab und präsentiert gleichzeitig seine Vorschläge für eine künftige Medienförderung in der Schweiz.

„Die EMEK präsentiert alten, ungeniessbaren Wein in neuen Schläuchen“ erklärt TELESUISSE-Präsident André Moesch. „Der Vorschlag geht weitgehend in die gleiche Richtung wie das 2018 von Alt-Bundesrätin Doris Leuthard vorgeschlagene Mediengesetz, welches krachend gescheitert ist. Der Vorschlag dürfte deshalb politisch auch chancenlos sein“. In der damaligen Vernehmlassung haben nicht nur die Medienverbände, sondern praktisch auch sämtliche Kantonsregierungen gefordert, dass eine flächendeckende und nachhaltige Versorgung des Landes mit regionalen Medieninhalten eine Grundlage der künftigen Medienförderung sein muss. Für TELESUISSE ist es unhaltbar, dass dieser Grundsatz von der EMEK ignoriert wird.

Obwohl sich Politik und Parlament immer wieder deutlich für eine Stärkung der regionalen Angebote ausgesprochen haben, schützt die EMEK mit ihrem Vorschlag einseitig nur die SRG. «Die SRG wird zementiert, die Regionen werden zum Experimentierfeld», so André Moesch. „Mit einer Medienförderung nach dem Giesskannenprinzip und mit dem Schwerpunkt «Startups» lässt sich in den Regionen kein nachhaltiges Medienangebot sicherstellen. Das tönt bestenfalls modern. Faktisch würde mit dem Vorschlag der EMEK das audiovisuelle Medienangebot, welches in den Regionen in den letzten 25 Jahren gewachsen ist, zerstört“.

Tatsächlich entlarvt sich der Vorschlag der EMEK bei näherer Betrachtung als eigentliches Rettungs- und Bewahrungsszenario für die SRG. Während der überwiegende Teil der zur Verfügung stehenden Gelder unangetastet weiterhin für die Angebote der SRG eingesetzt werden soll, will die EMEK mit den verbleibenden ca. 10 Prozent der Fördergelder in den Regionen experimentieren. Aus Sicht von TELESUISSE ist die Verweigerung einer Grundsatzdiskussion über die künftige Rolle der SRG der falsche Ansatz für die Gestaltung der Medienförderung in der Schweiz.

Die Vorschläge von TELESUISSE für die künftige Medienförderung in der Schweiz

Für TELESUISSE ist unbestritten, dass die künftige Mediennutzung immer mehr unabhängig von Zeit, Ort und Verbreitungskanal, individualisiert und interaktiv erfolgen wird. Die künftige Medienförderung muss diese Entwicklung berücksichtigen.

Auch wenn durch künftige Formen der Mediennutzung neue Formate entstehen, gibt es dennoch weiterhin Texte zum Lesen, Bewegtbild zum Anschauen und Ton zum Hören. Jede dieser Kategorien ist für eine umfassende Information der Bevölkerung unverzichtbar und erfordert spezifische Kompetenzen für eine qualitativ hochstehende Produktion. Professionell hergestellte audiovisuelle Inhalte, wie sie die Regionalfernsehen in den Regionen verbreiten, werden noch ausgeprägter als heute ein zentrales Element der Informationsaufbereitung sein und müssen deshalb durch die Medienförderung gestützt werden.  

Für TELESUISSE stehen bei der künftigen Medienförderung folgende Punkte im Vordergrund:

Finanzierung in den Regionen muss ausgebaut werden
Durch die Kleinräumigkeit der Märkte ist die ausreichende Finanzierung von professionell produzierten und relevanten Informationsleistungen insbesondere im regionalen Bereich nicht mehr gewährleistet. Die künftige Medienförderung muss also in den Regionen ein gegenüber heute ausgebautes flächendeckendes und möglichst pluralistisches Angebot sicherstellen.

Keine Förderung von Unterhaltung und «Gesamtprogrammen»
Die staatliche Förderung von Unterhaltung, «Gesamtprogrammen» und Sportangeboten, die auch von privaten Anbietern erbracht werden können, ist in einem zukunftsgerichteten fragmentierten und kanalunabhängigen Medienmarkt nicht mehr zeitgemäss. Gefördert werden sollen nur noch Leistungen im Bereich des Service Public. Auch die SRG kann nicht mehr als «Gesamtangebot» mit einem Pauschalbetrag finanziert werden. Dieser Paradigmenwechsel fördert den Wettbewerb und spielt Gelder frei für das Gesamtsystem. Ob und in welchem Umfang die Anbieter ihre Service Public-Leistungen zukünftig mit aus dem Markt finanzierten Unterhaltungs- und Sportinhalten ergänzen, soll ihnen freistehen. Im Gegensatz zur SRG erhalten die privaten Anbieter bereits heute Gebührengelder ausschliesslich für die Produktion von News-Inhalten.

Lineare Streams bilden weiterhin zentralen Teil des Medienangebots
Trotz Individualisierungs- und Interaktionsmöglichkeiten erwarten die Nutzer von Medienangeboten weiterhin auch Inhalte, die sie in passiver Weise konsumieren können. Kuratierte, inhaltlich gewichtete und somit linear produzierte Informationsangebote bleiben ein Bedürfnis, auch, wenn sie zunehmend zeitversetzt genutzt werden.

Langfristige Leistungsaufträge anstelle von projektbezogenen Experimenten
Das Auffinden und die effektive Nutzung von geförderten Informationsangeboten sindmindestens so wichtig, wie das reine Bereitstellen. In einem zunehmend fragmentierten Markt sind dazu etablierte und verlässliche Medien-Marken von grosser Bedeutung. Für die kompetente Aufarbeitung von Informationen sind komplexes Know-how und beträchtliche Investitionen erforderlich. Beides setzt wirtschaftliche Planungssicherheit voraus. Es macht deshalb – insbesondere regional - keinen Sinn, relevante Leistungsaufträge zu kleinteilig nach dem Giesskannenprinzip zu definieren und zu kurzfristig zu vergeben. Eine Konzessions-/Leistungsperiode von mindestens 10 Jahren hat sich bewährt.

Abgeleitet aus den vorstehend aufgeführten Prämissen, ergeben sich aus Sicht von TELESUISSE die folgenden konkreten Umsetzungsansätze für die Gestaltung einer zukunftsgerichteten Medienförderung in der Schweiz:

- Sowohl sprachregional als auch flächendeckend regional sollen langfristig ausgelegte Angebotspakete im Bereich Information/Service Public definiert und ausgeschrieben werden. Pro Sprachregion sind mehrere, pro Region mindestens drei entsprechende Angebotspakete vorzusehen. Über eine differenzierte Definition der Angebotspakete ist sicherzustellen, dass nicht nur die Meinungsvielfalt garantiert ist, sondern auch die Vielfalt an Angebotsformen. Beispielsweise soll pro Region mindestens ein Anbieter ein umfassendes Angebot im Bereich Bewegtbild produzieren. So wird erreicht, dass in allen Regionen eine vergleichbare Abdeckung der Vektoren und Bedürfnisse stattfindet und ein pluralistisches Angebot sichergestellt ist.

- Die Finanzierung der Medienförderung soll über einen Medienfonds erfolgen. Dieser wird einerseits über eine Mediengebühr ähnlich der heutigen Radio-/TV-Abgabe gespiesen, andererseits über Gelder aus der Staatskasse. Damit kann u.a. sichergestellt werden, dass die kontinuierlich rückläufige Wirkung der Posttaxenverbilligung bei der Presse aufgefangen werden kann.